Dienstag, 1. Mai 2012

Fragliches

Stellt euch mal vor, jemand besitzt ein Grundstück an einem See.

Da gibts hier nahe der A2 einige Teiche und Seen, die eigentlich dadurch entstanden sind, dass man auf eine Quelle gestoßen ist, wie man Schotter "ernten" wollte, um Material für die Autobahn zu haben. Langer Rede, kurzer Sinn: es wurden dann Parzellen in der Größe von 500 m² vergeben.

Nahe der südlich von unserem Grundstück gelegenen Parzellen - also quer übers Meer - gabs anfangs noch eine Insel. Nach einigen Jahren (da hatten die Leute schon ihre 500 m²-Stücke in Pacht oder Besitz) wurde nachgebaggert und die Insel entfernt. Während der ganzen Aktion scheint sich das Land der Leute von gegenüber leicht in Richtung See vergrößert zu haben. Ob beabsichtigt oder nicht, will ich gar nicht zur Diskussion bringen (könnt ja auch sein, dass der Bagger einfach nur ein bissl Material "verloren" hat).

Jedenfalls hat sich einer (eigentlich mehrere) auf diese Weise sein Grundstück auf fast 700 m² vergrößert. Aber nur in der Natur, am Vermessungsamt liegt die Grenze anders, nämlich dort wo sie hingehört. Besagtes Grundstück wurde mittlerweile veräußert, der neue Käufer, der Herr T.,  hat sich im Grundbuch eintragen lassen und war ab dem Zeitpunkt Besitzer eines Grundstückes, das in der Natur viel größer war als auf dem Papier (und der See hat einen eigenen Besitzer, nur zur Info).

Dieser Neue will nun verkaufen, hat die Angelegenheit einem Realitätenbüro übergeben, das anscheinend eine Nachvermessung in Auftrag gegeben hat. Und siehe da, man wurde auf den Missstand aufmerksam. Statt dass man sich zufrieden gegeben hätte, dass man mehr hat, als man bezahlt hat, hat der Herr T. nun den Seeeigner geklagt. Weil im Grundbuch "was falsches steht" - oder so.

Nur: hat man ein Recht auf etwas, das man nicht erstanden hat? Das man (ok, nicht der Herr T. sondern einer seiner Vorgänger) sich selbst angelegt hat? Man nennt sowas ersitzen wollen, das gibts auch bei Grundstücken ohne Wasser. Nur dort gehts nicht so leicht, weil sich der Nachbar irgendwann darüber aufregen wird, wenn zB der Zaun versetzt wird. Oder auch die Gemeinde, wenn plötzlich (oder schleichend langsam) das Grundstück größer und das Gemeingut (Straße oder Gehsteig) geschmälert wird.

Dass man dafür einen Rechtsanwalt findet, der eine Klage einreicht, finde ich sehr bedenklich und eigentlich schon peinlich. Na schaun ma mal, im August ist die Verhandlung, zu der ich als Zeuge geladen wurde. Fotos vom Ursprungszustand gibts nämlich keine, nur die Erinnerung an die Insel, auf der wir als Kinder immer spielten. Und an den Kanal, durch den wir per Ruderboot durch mussten. Und daran, dass das (die) Grundstück(e) damals nicht so weit ins Wasser reichten.

Eigentlich könnte meiner Meinung nach der Seeeigner gegenklagen. Auf Rüberrücken der entgangenen Knete für ersessenes Land - oder er könnte einen Zaun aufstellen und dem Herrn T. den Durchgang verwehren. Haha, das wär überhaupt das allerbeste. Dann könnte der Herr T. wieder ein Servitutsrecht einklagen und die Gerichte wären bis zum Sankt-Nimmerleinstag beschäftigt.

8 Kommentare:

castagir hat gesagt…

Naja, wenn sich mein Grunddtück auf der San-Andreas-Spalte jährlich um 4 Zentimeter verbreitern würde nähme ich das auch als einfach mal so gegeben hin.

Und da kommunale oder staatliche Behörden gefühlt in ähnlicher Geschwindigkeit wie die Kontineltaldrift arbeiten, würde auch in diesem Fall denken 'ja mei, is halt nu an weng grösser, man muss ja auch mal Glück haben'.

Das aber im Grundbuch entsprechend vermerkt/berichtigt haben zu wollen ist nicht komplett falsch.

Du musst nämlich nicht nur mit dem Hornochsen von Nebenan rechnen, der Dir zur Unzeit in die Suppe spuckt. Du musst auch mit den Kindern des Hornochsen rechnen, die Deinen Kindern in ein paar Jahrzehnten in die Suppe spucken weil 'damals' (tm) da was falsch gemacht wurde. Und daraus noch eine viel grösser Orgie machen als heute nötig.

Wir hatten das hier ausgiebig in den zugekauften Ostgebieten. In einigen Fällen werden da nach 20 Jahren noch die Steintafeln gewälzt, wem nun welcher Kuhfladen gehört.

Oberansicht hat gesagt…

klar dass man da nichts dagegen hat, wenn das grundstück breiter wird. aber dann noch die frechheit besitzen, es einzuklagen? wenn das so ausgeht, wie ich hoffe, hat der herr t. seinen nachbarn keinen gefallen getan, entweder müssen sie dann auch nachzahlen oder baggern. hmm?

elisabetta hat gesagt…

Na ja, das ist wiedermal eine Geldfrage. Ob 700 oder 500 m2 Seegrundstück ist doch ein Unterschied beim Ertrag und wenn der Herr T. nicht selbst "Hand" - nein "Schotter" angelegt hat, dann würde ich es ihm auch zugestehen.
Ich bin zu gut für diese Welt ;-)))

Oberansicht hat gesagt…

naja, elisabetta. das ist so eine sache. wenn das alle machen, haben wir zwar massig größere grundstücke, aber am ende wenig see übrig. ich find nicht, dass das rechtens ist, zwar stiehlt er nicht land, will aber wasser zu land machen und es dann auch noch beanspruchen? im grundbuch hat das wasser ja auch einen besitzer ....

elisabetta hat gesagt…

natürlich können nicht alle so handeln, aber herr t. kann doch jetzt nichts mehr dafür, also ist es von meiner sicht aus, sein gutes recht, daß SEIN grundstück richtig vermessen wird.
gerechtigkeit würde ich dann sehen, wenn der angeschüttete schotter oder was auch immer, wieder entfernt wird. so lange, bis das grundstück die, im grundbuch enthaltene größe, wieder zurückerlangt.

Anonym hat gesagt…

Ich als außenstehender sehe das nicht so wie die Dame vor mir. Was man nicht gekauft-geerbt-geschenkt sondern gestohlen hat, kann einem nicht gehören. Egal wieviel Gras über die Sache gewachsen ist. Grenze ist Grenze, wer sie verschiebt, ist im Unrecht und läuft Gefahr ein Dieb genannt zu werden. Das ist wie mit einer Fehlüberweisung auf der Bank, die muß man auch zurückgeben, Wenn der Irrtum bemerkt wird!

elisabetta hat gesagt…

@Anonym
Herr T. hat das Grundstück "nur" gekauft, die unrechtmäßige Vergrößerung wurde von seinem Vorgänger "verbrochen". Er hat sich also nichts angeeignet oder gestohlen, sondern möchte jetzt nur, daß der tatsächlich vorhandene Grund auch in diesem Ausmaß im Grundbuch verewigt wird. So zumindest verstehe ich die Angaben von Frau Oberansicht.

Oberansicht hat gesagt…

ich gehe aber auch eher mit mr. anonym konform. selbst durch "ersitzen" wird man nicht eigentümer. steht zumindest irgendwo im prospekt. der herr gogofax könnte das sicher besser erklären.

stell dir vor, der zaun zwischen dir und deinem nachbarn wurde irgendwann mal vom nachbarn um einen meter in dein grundstück hinein versetzt (evtl in der bauphase). dieser zaun ist nicht etwa irgendwann zur grundgrenze geworden, sondern es gilt das, was am vermessungsamt in den büchern steht.

und wenn man draufkommt, muss das wieder richtig gestellt werden.