Samstag, 25. September 2010

Trübe Gedanken

Fast den ganzen lieben Tag lang (ich war zu Hause) war es schön. Am Nachmittag, just als ich mich auf den Weg zu meinen Oldies machen wollte, beganns zu nieseln. Eh irgendwie klar. Es nieselte allerdings nur genau bis zu dem Zeitpunkt, als ich mich nach dem Besuch aufmachte, um noch schnell einkaufen zu gehen, da fing es nämlich zu schütten an, auch wieder klar.

Trübsinnige Gedanken habe ich bei diesem Wetter und die Gespräche bei den Eltern gehen mir durch den Kopf und sie bleiben auch drin, wollen nicht mehr verschwinden. Wie diese Kugel, über die ich schon mal schrieb, wie dieses Computerspiel, bei dem man - wie beim Tennis - das Pünktchen erwischen muss und es geht immer - boing-boing - hin und her. Nur, wenn man es nicht erwischt, dann ist es weg und game over. Meine Gedanken über den geistigen Verfall bleiben.

Die Mama hat wieder von A. und B. erzählt, die vor ein paar Tagen zu Besuch waren, es ist so unsagbar traurig. Die A. weiß nicht mehr was sie tut. Sie kramt nur mehr in ihrer Tasche herum, die sie krampfhaft festhält. Sie bringt keinen geraden Satz mehr heraus, es ist zum heulen. Wenn man wie ich einen Menschen schon sein Leben lang kennt und dann mit ansehen muss, wie der Kopf nicht mehr mitspielt, kommen einem die Tränen. Und der B. hat so unendlich viel Geduld mit ihr, aber ich sehe, dass auch seine Kräfte langsam schwinden. Über 50 Jahre sind sie verheiratet, sie weiß nichts mehr, hat auch meist keine Idee, wer wir sind. Sie verwechselt uns alle, glaubt ich bin meine Mutter und meine Mutter kennt sie gar nicht mehr, beim nächsten Mal aber schon. B. erzählt, dass sie alles verräumt und abends, wenn sie vor dem Fernseher sitzen, sitzt sie da und sieht ihn an, es ist unheimlich, sagt er. Demnächst muss er operieren gehen, er weiß gar nicht, wie er das bewerkstelligen soll, allein lassen kann man sie schon lang nicht mehr.

Unter der Woche habe ich beim Heurigen C. getroffen, er ist um die 50 und auch ganz wirr im Kopf, aber immerhin noch der Sprache mächtig. Nur behauptet er Sachen, die jeglicher Grundlage entbehren, er erklärt mir zB, was ich in meinen Beruf zu tun habe und kommt dabei auf die abenteuerlichsten Ideen. Er weiß alles besser und alle wundern sich, weil dieses Alles ziemlicher Schrott ist. Er wird leicht aggressiv, will in einem Sozialprojekt mitarbeiten, es mangelt ihm aber voll an sozialer Kompetenz. Als er gefragt wird, ob er auch für Leute einkaufen gehen würde, antwortet er positiv, gibt aber im gleichen Satz bekannt, dass er den Leuten sicher zB kein Klospray mitbringen würde, das gehe so nicht, er ist ja kein Idiot. Seine Frau tut, wie wenn nichts wäre.

Und dann ist da noch D., seit einem Jahr in Pension. Der D. weiß auch nicht mehr was er tut. Er ruft alle Viertelstunden seine Frau, die E. an, die erst beim vierten Anruf grantig wird, weil sie ihm immer wieder erklären muss, dass sie jetzt sofort nicht nach Hause kommen kann, weil sie arbeiten muss. Auch ihre Geduld ist unerschöpflich, er weiß oft nicht, ob Tag oder Nacht ist, sie kommt keine Nacht zu ungestörtem Schlaf. Sie kauft jeden Abend ein, befüllt den Kühlschrank und er steht nachts auf und wirft alles weg, weil "nur lauter altes Zeug" im Kühlschrank war. Am Morgen haben sie nichts zum Frühstück, weil alles bereits in der Mülltonne vorm Haus liegt. Und wenn sie morgens schnell noch einkaufen geht, damit sie frühstücken können und er auch zu Mittags was zu Essen hat, ruft er noch vormittags an, weil er Hunger hat und der Kühlschrank leer ist. Auch bestellt er sich immer wieder bestimmte Mahlzeiten, die E. kocht auf und er wirft "das alte Klump" weg, hat dann logischerweise Hunger und ruft wieder an. Und sie wird wieder erst ab dem achten Anruf ungeduldig und legt auf. Zum Arzt geht er nicht, er ist ja nicht krank, sagt er. Manchmal hat er auch lichte Momente und dann ist er reumütig und sagt, wie sehr er sie liebt und wie sehr er ihr dankt, dass sie so geduldig mit ihm ist.

Wenn dann Menschen sagen, dass es arg ist, weil diese Leute so boshaft sind, werde ich grantig. Sie sind nicht boshaft, sondern krank. Sie wissen einfach gar nicht mehr was sie tun und sagen. Sie sind in ihrem Körper gefangen, der Geist ist schon weit weg. Ist es das was uns erwartet, wenn wir älter werden?

3 Kommentare:

Sternfänger hat gesagt…

Lust auf Kaffee und Kuchen?

Oberansicht hat gesagt…

du zu mir, oder ich zu dir? wobei ... kuchen hab ich keinen und muss aber in einer stunde zur mama ...

ruf. mich. an! (kicher)

Oberansicht hat gesagt…

.... und depressiv bin ich definitiv nicht, hat es sich so angehört? ich mein ja nur wegen dem kaffee und kuchen

ö_Ö