Romantik in vierkantig - oder: was gibts zu nörgeln?

13 Menschen aus den verschiedensten Bundesländern besuchen ein Seminar von Dr. Klaus Edlinger, das von der eigenen Persönlichkeit handelt, dem stärksten Medium, das wir besitzen. Es ist interessant, wir lernen viel, wir dürfen Reden schwingen, werden gefilmt. Dann gibts die erste Pause - ohne Verpflegung, nur mit einem Wasserkrug, es wird urgiert. Mittags sitzen wir an einem langen Tisch, warten und warten, da ist ein einziger "lahmorschata" Kellner, aber zwei Seminargruppen ... und der Gastwirt samt fehlenden Humor. Und da ist auch noch die Wirtsmutter, aber sonst sichten wir niemanden. Es hat etwas Mystisches hier, ich habe schon beim Check-In vermutet, dies hier sei ein Geisterhaus. Es war kein Mensch am Empfang, im Pausenraum, im Speisesaal und sonstwo.
  Die Qualität der mittags servierten Speisen und die Zusammenstellung der Menüs macht mich wundern. Die legierte Grießsuppe weist ca 15 gezählte Grießkörner auf, die Fleischknödel schwimmen in einer Sauce, deren Grundstock zweifelsohne einem Packerl entnommen wurde. Die Nachspeise - Hollerröster mit Vanilleeis - entstammt der TK-Truhe, denn wo gibts denn jetzt schon frischen Holler, geschweige denn sonstiges frisches Obst *ironiiiieee*
Als Pendant gibt es Kohlrabischaumsuppe, Quinoa-Laibchen auf eingebrannten (!) Karotten und Buchteln mit Vanillesauce.

Bereits jetzt fragen wir uns: wo nehmen die bloß ihre laut BÖG vorhandenen 4 Sterne her und wer um Himmels willen hat sie ihnen gegeben, oder besser: geschenkt? Nach lautstarker Intervention gibts nachmittags Kaffee, Plundergebäck und sagenhafte ZWEI siebenzehntelige Mineralwasserflaschen für 14 Personen. Dann vergeht die Zeit sehr schnell mit den sehr interessanten Auswertungen der Filmsequenzen.

Ich erfahre, wie ich bin, bzw wie mich die anderen so sehen. Ich soll stark sein und mütterlich, lustig und kommunikativ, großherzig und manchmal schnell verletzt (und auch zu schnell verletzend, weil ich anderen Leuten manchmal „mit dem Stellwagen ins Gesicht“ fahre?) Ich rede zu schnell, mache zu wenig Pausen, habe zu wenig Blickkontakt mit meinem Publikum, bin unruhig.... Ich spreche in Schreibeschrift, mache Beistrichsätze, die es in der Rede nicht gibt, da gibts nur Punktsätze. Man sieht mich als Muttertier, meine Farbe ist rot, vergleichsweise mit einer Speise bin ich pikantes Knödl oder Schweinsbraten (gut, dass ich Humor habe und auch über mich selbst lachen kann?), die Nachbarin vergleichsweise Rote Grütze, ihr Nachbar widerum Kartoffelgulasch. In einer Westernstadt würde ich die Barchefin oder die Puffmutter verkörpern. Ha-ha-ha, wir solltens angehn!

Dann ists auch schon wieder vorbei, wir werden zum Abendessen geladen, bei dem ich in weiser Voraussicht die Suppe verweigere (auch wegen dem pikanten Knödl ^^) - es hätte Tafelspitz-Bouillon mit Leberknödl oder Kräuterrahmsuppe (ohne die in der Karte stehenden Krevetten, dazu reicht wohl die Seminarpauschale nicht) gegeben. Ich habe noch nie in meinem Leben solche Schinkenfleckerln gegessen: der Schinken feinst (also winzigklein) geshreddert, der Geschmack schal und angeblich nennt man sowas in OÖ nicht Schinkenfleckerln (sondern Fleckerlspeis, was aber am Abschmecken nicht hindert).
Da ich ja Mousse au Chocolat liebe, wurde sie mir serviert, doch ist die Enttäuschung groß, weil es in Wirklichkeit nur mit wenig Schoko unzureichend verrührtes Schlagobers ist, das mit gezuckerten Erdbeeren (bei denen man fast nichts falsch machen kann) garniert wurde. Das "Gegenmenü" besteht aus einer Wunzlingsportion von Wurstsalat und Waldbeeren mit Eis und viel Schlag.

Anschließend werden wir in den Abend entlassen, die einen ziehen es vor, schlafen zu gehen, ein paar fahren in die nahe Therme, andere pflegen Kommunikation, verkosten währenddessen Bier und Wein (welcher Gruppe ich wohl angehöre??) Es gibt Grundsatzdiskussionen über "Piefke´s, Scheipi´s, deutsche Literatur und die weibliche Orgasmusfähigkeit. Über deren Ergebnisse schweige ich lieber beharrlich und verrate nur die Schlafenszeit: 01:45h! :D


(Nokia 5230)